Brexit

Warum ich als ein Freund Englands für den Brexit bin

Gepostet am Aktualisiert am

Der 23. Juni, der Tag, an dem die Briten ihr Verhältnis zu Brüssel klären werden, wird in die Geschichte eingehen, so oder so. Denn unabhängig davon, ob sich die Engländer für oder gegen die Gemeinschaft entscheiden, wird sich Europa ändern, zum Guten oder zum Bösen. Bleiben die Briten, werden die Berufseuropäer weitermachen wie bisher, wahrscheinlich noch erhebch schneller, einfallsloser und brutaler. Gehen sie, wird das bürokratisch entstellte und erstarrte Europa um eine Reform an Haupt und Gliedern nicht länger herumkommen.

Lange Zeit habe ich geschwankt zwischen dem Wunsch nach einem Ja oder einem Nein der Briten. Einerseits war und bin ich ein großér Freund der Engländer und ein Bewunderer ihrer parlamentarischen Regierungsform, möchte sie deshalb dabeihaben, schon als Gegengewicht gegen die allzu selbstbewußt auftrumpfenden, zentral und zentralistisch denkenden Franzosen. Auf der anderen Seite ist mir klar, dass sich ohne einen Anstoss von außen, ohne ein hartes Nein von wem auch immer an der Brüsseler Autokratie nichts ändern würde.

Die Entscheidung verdanke ich Frau Merkel. Ihre konsequente Mißachtung von Gesetz und Recht; ihr einsamer Entschluss, auf Grenzkontrollen zu verzichten und jeden, der das will, in Deutschland anzusiedeln; die beispiellose Arroganz, mit der sie glaubt, unseren Nachbarn im Osten Quoten für die Aufnahme von illegalen Einwanderern vorschreiben zu dürfen; schließlich ihr Techtelmechtel mit Erdogan, dem neuen Sultan, der seine Türken als fünfte Kolonne im Kampf um die Macht in Deutschland in Stellung bringt – all das hat mir die Entscheidung letztlich leicht gemacht.

Frau Merkel scheint mit Erdogan ja doch viel mehr zu verbinden als ein windiger Flüchtlings-Deal. Erdogan macht ihr vor, was sie gern nachmachen würde, er regiert nicht nur, er regiert „durch“ – es war doch kein Zufall, dass Angela Merkel vom „Durchregieren“ sprach, als sie ihr politisches Ideal umschrieb. Was Durchregieren heißt, hat Wolfgang Schäuble, ihr williger Vollstrecker, zu erkennen gegeben, als er öffentlich erklärte, der Bundestag habe das von ihm und seinen Amtskollegen ausgehandelte Hilfspaket für die Griechen – das wievielte eigentlich? – nicht etwa zu beraten oder zu beschließen, sondern „zur Kenntnis zu nehmen“.

Selten ist ein Verfassungsbruch, in diesem Fall: der Verstoß gegen das Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments, so ungeschminkt verkündet worden. Schäuble versucht gar nicht mehr, seine Verachtung für den Souverän, das Volk und seine Vertreter, zu bemänteln. Warum sollte er auch, wenn niemand widerspricht, wenn die Abgeordneten kuschen und die Medien der Regierung aus der Hand fressen? Dann macht man es wie Jean-Claude Juncker: man beschließt etwas, gibt es bekannt, und wartet ab. Wenn dann kein Widerspruch laut wird, geht man weiter, Schritt für Schritt, so lange, bis von der alten Ordnung nichts mehr übrig ist.

Ich will das nicht. Ich möchte das Grundgesetz, wohl immer noch die beste Verfassug, die Deutschland in seiner wechselvollen Geschichte jemals besessen hat, bewahren und verteidigen. Diese Verfassung wird von den europäischen Machthabern, an ihrer Spitze von Angela Merkel, systematisch untergraben und mißbraucht. Niemand weiß, was nach dem großen Knall passieren wird; dass ohne diesen Knall aber alles so weiterlaufen würde wie bisher, ist ziemlich sicher. Und weil ich das nicht will, weil ich ein Europa der Bürger, nicht der Bonzen und der Funktionäre möchte, bin ich inzwischen für den Brexit.